Damian Müller | Ständerat

Weichenstellungen für die Zukunft der Schweiz - Rückblick Herbstsession

  • 26. September 2025
  • 5 min Lesezeit

Drei Wochen lang hat das Parlament zentrale Fragen zur Energieversorgung, den Sozialwerken, der Medienordnung und der Sicherheitspolitik beraten. Ich habe in dieser Session mehrere Wortmeldungen eingebracht – mit einem klaren Ziel: Verantwortung übernehmen und die Schweiz zukunftsfähig machen.

Stromversorgung sichern: 16 Wasserkraftwerke schneller ausbauen

Ein Schwerpunkt war die Energiepolitik. Der Ständerat hat den sogenannten Beschleunigungserlass verabschiedet. Damit werden 16 Wasserkraftwerke rascher ausgebaut oder erneuert – ein entscheidender Schritt, um die Stromversorgung im Winter zu sichern. Diese Projekte liefern zusätzlich rund 2 Terawattstunden Strom pro Jahr, was einem beachtlichen Teil unseres Winterbedarfs entspricht.

Der grösste Zankapfel war das Verbandsbeschwerderecht. Während die Umweltverbände ihre Mitsprache wahren wollten, drängte die Politik auf kürzere Verfahren. Gefunden wurde ein tragfähiger Kompromiss: Verbände können weiterhin Beschwerde einlegen, aber nur bis zur kantonalen Instanz. Der Weg ans Bundesgericht wird ausgeschlossen. So bleibt der Rechtsschutz gewährleistet, gleichzeitig werden langwierige Verfahren verhindert. Ebenso wichtig ist das Netz. Ohne leistungsfähige Leitungen nützt uns kein zusätzlich produzierter Strom. Der Beschleunigungserlass verpflichtet Bund und Kantone, Netzausbauten prioritär zu behandeln und die Verfahren zu straffen. Nur so stellen wir sicher, dass die neue Stromproduktion auch tatsächlich bei Bevölkerung und Wirtschaft ankommt. Für mich ist klar: Mit diesem Entscheid kombinieren wir Versorgungssicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Tempo – genau das, was unser Land jetzt braucht.

SRG-Initiative: Zwischen Service public und Gebührenlast

Die Initiative «200 Franken sind genug!» war eines der emotionalsten Geschäfte dieser Session. Sie verlangt, die Radio- und Fernsehgebühr von heute 335 Franken auf 200 Franken zu senken. Der Nationalrat hat die Initiative unterstützt, der Ständerat hat sie klar abgelehnt – die Vorlage kommt damit vors Volk.

Die Debatte zeigte das Spannungsfeld deutlich: Auf der einen Seite ohne Gegenvorschlag ehen Haushalte und Unternehmen, die angesichts steigender Abgaben Entlastung fordern. Auf der anderen Seite steht die Frage, ob mit einer so drastischen Kürzung die Informationen über die SRG in allen Sprachregionen noch gewährleistet werden kann. Gerade in den Randregionen und bei den Minderheitensprachen spielt die SRG eine unverzichtbare Rolle. Der Bundesrat hat bereits eine Verordnungsanpassung beschlossen: Ab 2029 sinkt die Gebühr für Privathaushalte auf 300 Franken, ab 2030 sollen auch die Unternehmen entlastet werden. Damit anerkennt er die finanzielle Belastung, ohne den Auftrag der SRG infrage zu stellen. Für mich ist klar: Der Service public muss verschlankt und zeitgemäss ausgestaltet werden. Wir brauchen keine immer grösseren Strukturen, sondern Konzentration auf den Kernauftrag – Information, Bildung und Kultur. Gleichzeitig dürfen wir nicht riskieren, dass Teile des Landes medial abgehängt werden. Die Abstimmung wird deshalb auch zur Grundsatzfrage: Wie viel Service public wollen wir uns leisten – und wie viel ist uns die Vielfalt in allen Landesteilen wert?

Zivildienstgesetz: Balance zwischen Armee und Gesellschaft

Der Ständerat hat die Revision des Zivildienstgesetzes beraten. Ziel ist, den Wechsel vom Militär- in den Zivildienst zu erschweren und damit die personelle Lage der Armee zu stabilisieren. Diskutiert wurde insbesondere über die Wartefrist von zwölf Monaten, die für Gesuche nach abgeschlossener Rekrutenschule gelten soll, sowie über zusätzliche Einschränkungen für Fachkräfte in sicherheitsrelevanten Funktionen. Angesichts der geopolitischen Lage ist das Anliegen, die Armee zu stärken, nachvollziehbar. Gleichzeitig dürfen wir die Rolle des Zivildienstes nicht kleinreden: Tausende leisten dort jährlich unverzichtbare Einsätze – in Spitälern, in der Landwirtschaft oder in sozialen Institutionen. Gerade während der Pandemie hat sich gezeigt, wie systemrelevant diese Arbeit sein kann.

Für mich ist klar: Wir brauchen eine Lösung, die beides verbindet – eine starke Armee für unsere Sicherheit und einen Zivildienst, der weiterhin gesellschaftlichen Mehrwert schafft.

Kurzarbeit: Verlängerung beschlossen

Beide Räte haben die Höchstbezugsdauer für Kurzarbeit von sechs auf zwölf Abrechnungsperioden verlängert. Damit wird eine kurzfristige Massnahme umgesetzt, die Unternehmen in einer Phase wirtschaftlicher Unsicherheit direkt entlastet. Ziel ist, Betriebe in schwierigen Zeiten zu stabilisieren und zu verhindern, dass Mitarbeitende entlassen werden müssen. Gerade in Branchen mit schwankender Nachfrage oder konjunkturellen Einbrüchen schafft diese Verlängerung mehr Planungssicherheit. Kurzarbeit ist damit nicht nur ein Instrument zum Schutz von Arbeitsplätzen, sondern auch ein Signal an die Wirtschaft: Der Staat greift rasch und pragmatisch ein, um die Substanz unserer Unternehmen und die Beschäftigung in der Schweiz zu sichern.

Sozialwerke: IV muss ihre Schulden abbauen

Die Invalidenversicherung schuldet der AHV rund 10 Milliarden Franken. Lange hiess es, diese Schuld könne ohne zusätzliche Massnahmen abgebaut werden. Die Realität zeigt das Gegenteil: Selbst im mittleren Szenario schreibt die IV frühestens ab 2033 wieder ein knapp positives Umlageergebnis. Bis dahin wächst die Belastung für die AHV weiter.

Der Bundesrat prüft, diese Lücke mit höheren Mehrwertsteuern zu schliessen. Gleichzeitig warnen die Sozialwerke bereits vor Sparprogrammen. Für mich ist klar: Das ist der falsche Weg. Wir dürfen die Bevölkerung nicht mit zusätzlichen Steuern oder Lohnabzügen belasten, solange die strukturellen Probleme der IV ungelöst bleiben. Mit meiner Motion fordere ich deshalb, dass die IV ihre Schuld bis spätestens 2045 abbaut (notabene rund 200 Millionen jährlich während den nächsten 20! Jahren) – mit konsequenten Anpassungen auf der Ausgabenseite. Die AHV steht selbst massiv unter Druck und darf nicht zusätzlich geschwächt werden. Es braucht jetzt einen klaren Sanierungsplan, der Verantwortung übernimmt statt neue Lasten auf die Steuer- und Beitragszahler abzuwälzen.

Abnehmspritzen: – Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick behalten

GLP-1 Medikamente wie Wegovy oder Ozempic helfen Patientinnen und Patienten mit Diabetes und starkem Übergewicht. Durch die Aufnahme der Medikamente in den Leistungskatalog, haben die neuen Therapien aber auch ein Preisschild für die Allgemeinheit. Schon heute kostet eine Behandlung rund 190 Franken pro Monat. 2024 wurden knapp 250’000 Monatsdosen vergütet, allein im ersten Quartal 2025 bereits 120’000 Packungen. Hochrechnungen zeigen: Beziehen nur 2 % der Erwachsenen diese Präparate, entstehen jährliche Zusatzkosten von bis zu 300 Millionen Franken.

In meiner Interpellation habe ich die Bundesrätin direkt darauf hingewiesen: Die Schweiz muss vorbereitet sein, bevor uns eine Kostenlawine überrollt, ohne dass der langfristige Nutzen der Abnehmspritzen für das Gesundheitswesen bekannt ist.  Im Anbetracht der steigenden Prämien gilt es, sich die Konsequenzen weiterer kostspieliger Leistungen zulasten der Grundversicherung vor Augen zu halten. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat meine Haltung unterstützt.

Fazit: Verantwortung übernehmen

Die Herbstsession 2025 hat gezeigt: Die Schweiz steht vor grossen Weichenstellungen. Energieversorgung, Sozialwerke, Medienordnung, Sicherheitspolitik und Gesundheit – in all diesen Bereichen hat das Parlament wichtige Entscheide getroffen. Mein Ziel bleibt, Verantwortung zu übernehmen und mit klaren Vorstössen dafür zu sorgen, dass wir nicht nur das Heute verwalten, sondern die Schweiz von morgen gestalten.