Seien wir doch etwas pragmatisch
- 20. März 2019
- 3 min Lesezeit
- Blogbeitrag zum InstA
-
Vernetzte Welt
Es herrscht Hektik im Land. Geradezu unschweizerisch emotional bis gehässig wird um etwas gestritten, das man auch ganz pragmatisch angehen könnte: das Rahmenabkommen. Dieses Abkommen besiegelt weder den Untergang der Schweiz noch verheisst es das Paradies. Aber es schafft die nötige Grundlage für eine stabile Beziehung zu unserem wichtigsten Wirtschaftspartner. Es regelt die Aktualisierung und die Streitbeilegung für die fünf bilaterale Verträge Luft- und Landverkehr, Technische Handelshemnisse, Landwirtschaft und Personenfreizügigkeit.
„Wenn der liebe Gott Schweizer gewesen wäre, würde er heute noch auf den richtigen Moment warten, um die Welt zu erschaffen.“
Mit diesem sicher etwas zugespitzten Satz charakterisierte der Schweizer Schriftsteller Hugo Lötscher 1983 unserer Landsleute. Schweizerinnen und Schweizer als Zauderer und Zögerer, als Menschen auch, denen nur das Perfekte gut genug ist. An diesen Satz von Lötscher fühle ich mich erinnert, wenn ich die Diskussionen um das Rahmenabkommen verfolge. Dass die einen gar keinen Vertrag wollen, wissen wir. Dazu kommen aber die Stimmen jener, denen der Rahmenvertrag nicht perfekt genug ist. Sie sagen „Ja, aber“, meinen jedoch „Nein“. Mit dieser Haltung wäre die Welt wirklich nie erschaffen worden. Dabei geht es beim Rahmenvertrag nicht einmal darum, die Welt neu zu erfinden. Es geht vielmehr darum, eine erfolgreiche Wirtschaftsbeziehung zu den Ländern der Europäischen Union auf eine neue, langfristig ausgerichtete Basis zu stellen. Das Ziel ist es, Rechtssicherheit für die Zukunft zu schaffen und damit die Grundlage für eine weiterhin erfolgreiche Geschäftstätigkeit zu legen. Kurz: Es geht um unseren Wohlstand. Deshalb tun wir gut daran, das Grosse Ganze zu sehen und nicht das Haar in der Suppe zu suchen.
Wir dürfen den Prozess nicht jetzt schon vorzeitig abwürgen
Der vorliegende Vertrag mag nicht in sämtlichen Punkten unseren Idealvorstellungen entsprechen. Aber das Verhandlungsergebnis ist insgesamt gut und verletzt die Souveränität der Schweiz im Kern nicht. Deshalb sollten wir zum jetzigen Zeitpunkt „Ja“ zum Rahmenabkommen sagen. Wenn wir hingegen jetzt – in der Phase der Vorkonsultation – nein sagen, würgen wir den ganzen politischen Prozess ab. Das sind die Vernunftgründe, weshalb unsere Partei heute den Rahmenvertrag unterstützt. Wer heute Ja sagt, ermöglicht unserer Landesregierung, weitere Gespräche mit der EU aufzunehmen, um im Rahmen des Verhandlungsresultats Konkretisierungen einzubringen. Diese sind in drei Bereichen zwingend notwendig: bei der Unionsbürgerrichtline, den flankierende Massnahmen sowie bei der Guillotineklausel. Fallen die Konkretisierungen positiv aus, kann der Bundesrat eine ordentliche Vernehmlassung durchführen und dem Parlament eine Botschaft überweisen. Nur wenn der ordentliche Prozess gestartet wird, kann sich dereinst auch die Bevölkerung dazu äussern.
Wir sind gut beraten, in der Sache des Rahmenabkommens pragmatisch zu agieren. Denn wenn etwas unser Land erfolgreich und stabil gemacht hat, dann sind es unsere Qualitäten wie Pragmatismus und Sachlichkeit sowie die Fähigkeit, sich mit wichtigen Partnern zu arrangieren, anstatt sich abzuschotten.