Damian Müller | Ständerat

Rückführungen in einen Drittstaat: Eine praxistaugliche und rechtlich unbestrittene Lösung

  • 05. September 2023
  • 4 min Lesezeit

In einer Stellungnahme, die am Montag, 28. August 2023, in der NZZ unter dem Titel Asylpolitik in Zeiten von Outsourcing veröffentlicht wurde, fand die Motion Erwähnung, die ich im Ständerat eingereicht habe (Mo 23.3176 – Rückführung von Eritreern, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Lancierung eines Pilotprojekts in einem Drittstaat). Die Verfasserin der Stellungnahme beklagt die Tendenzen zur Auslagerung des Asylverfahrens. Zwei Punkte sind diesbezüglich hervorzuheben: Die eingereichte Motion betrifft nicht das Asylverfahren in der Schweiz, und sie ist aufgrund der mangelnden Kooperation der Asylsuchenden sehr wohl notwendig.

Asylverfahren in der Schweiz, aber Rückführung in ein Drittland

Laut den Statistiken des Staatssekretariats für Migration (SEM) gibt es in der Schweiz über 300 eritreische Staatsangehörige, die keinen internationalen Schutz benötigen. Das Asylverfahren wurde durch das SEM bereits durchgeführt. So haben diese Personen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SEM einen negativen Asylentscheid erhalten. Das Verfahren ist damit abgeschlossen, und die eritreischen Staatsangehörigen müssen die Schweiz verlassen. Unabhängig davon, ob man mit der Politik des SEM einverstanden ist oder nicht, ist die Schweiz ein Rechtsstaat. Entscheide müssen umgesetzt werden, auch wenn dies im Einzelfall schwierig sein mag.

Mangelnde Zusammenarbeit einiger Herkunftsstaaten

Die erwähnten mehr als 300 eritreischen Staatsangehörigen sind also verpflichtet, die Schweiz zu verlassen. Doch sie nutzen die Weigerung ihres Herkunftslandes, zwangsweise Rückführungen zu akzeptieren, und widersetzen sich der Ausreise. Auf diese Weise missbraucht diese Gruppe von Eritreern die humanitäre Tradition der Schweiz. Die vom Ständerat in der letzten Session eingereichte und angenommene Motion schlägt genau für solche Fälle eine Lösung vor.

Selbstverständlich können diese betroffenen Eritreer, wenn sie es wünschen, jederzeit mit einer vom SEM bereitgestellten Rückkehrhilfe freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren. Unserem Land sollte jedoch ein Instrument zur Verfügung stehen, das die Ausreise dieser Personen aus der Schweiz ermöglicht.

Beim Pilotprojekt, das ich vorschlage, handelt es sich um eine Ultima Ratio-Massnahme, die dazu führen soll, dem Unwillen dieser Gruppe von Eritreern entgegenzuwirken, unser Land zu verlassen. Noch einmal: Diese Personen weigern sich, den gegen sie ergangenen Wegweisungsentscheid anzuerkennen. Im Falle einer vollständigen Verweigerung der Zusammenarbeit würde künftig die Rückführung in ein Drittland veranlasst. Diese Menschen haben aber weiterhin die Möglichkeit, von dem Drittland, in das sie zurückgeschickt wurden, nach Eritrea zurückzukehren.

Sie haben aber auch die Möglichkeit, sich in dem Drittland niederzulassen. Und wenn Kritiker bemängeln, das gehe nicht, weil sich diese Personen womöglich in einem Drittland wiederfänden, zu dem sie keine Verbindung hätten, dann ist das nicht stichhaltig; auch zur Schweiz hatten diese Menschen in der Regel keine Verbindung. Trotzdem sind sie gekommen, um bei uns Asyl zu beantragen.

Somit handelt es sich um eine rechtlich klare Lösung, die es ermöglicht, den Missbrauch durch abgewiesene Asylsuchende zu bekämpfen. Die Motion, die vom Ständerat angenommen wurde, stellt eine Lösung dar, die den betroffenen Personen immer noch die Möglichkeit bietet, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren.

Der Bundesrat schlug damals vor, die Motion abzulehnen. Doch inzwischen hat die Idee der Rückführungen international Unterstützung bekommen.

So haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) am 8. Juni 2023 die Modernisierung des Regelwerkes der EU für Asyl und Migration angenommen. Diese gibt den Staaten die Möglichkeit, Abkommen mit sicheren Drittstaaten abzuschliessen. Der EU-Asylkompromiss wird nach Ansicht des Migrationsforschers Koopmans nur funktionieren, wenn Rückführungsabkommen mit Drittstaaten geschlossen werden. Bemerkenswert: Die für Migration in der Schweiz zuständige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider begrüsste die diesbezüglichen Massnahmen der EU.

In einem kürzlich geführten Interview war die Entwicklung der Vorsteherin des EJPD noch erstaunlicher. Sie bestätigte nämlich die Machbarkeit einer Verlagerung des Asylverfahrens in einen Drittstaat. Die Vorsteherin des EJPD antwortete wie folgt: „Grundsätzlich ja, sofern die Verfahren rechtsstaatlich korrekt und fair sind und die Menschenrechte der Betroffenen gewahrt werden.“ Umso einfacher sollte doch das Ziel der Motion, die eine Auslagerung des Asylverfahrens gar nicht vorsieht, zu erreichen sein.

Dieser politische Rückenwind für das Anliegen ist wichtig, denn er stärkt die Glaubwürdigkeit des Schweizer Asylsystems gegenüber der Bevölkerung. Es bleibt zu hoffen, dass der Nationalrat, welcher der Motion zur Rückführung eritreischer Staatsangehöriger in einen Drittstaat noch zustimmen muss, die aktuelle Situation anerkennt und die Motion annehmen wird.