
Mehr Mut und Pioniergeist für unser Land
- 01. August 2022
- 4 min Lesezeit
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Solidarität
Zugegeben: Es sind herausfordernde Zeiten für uns alle. Die vergangenen zweieinhalb Jahre wurde unsere Gesellschaft mit der Corona-Pandemie konfrontiert. Dadurch haben wir unsere persönliche Freiheit neu schätzen gelernt: Beispielsweise die Freiheit, ins Kino oder ins Restaurant zu gehen und Menschen zu treffen. Die Freiheit, Ferien am Meer zu machen. Oder auch die grosse Freiheit, unser Leben selbst bestimmt zu gestalten.
Aktuell setzen Menschen nicht weit von uns ihr Leben für ihre Freiheit aufs Spiel. Der Russland-Krieg in der Ukraine hat uns den unschätzbaren Wert der Freiheit eindringlich in Erinnerung gerufen. Was gerade passiert, hinterlässt ein beklemmendes Gefühl.
Doch auch wenn die Weltlage schwierig ist: Wir stehen nicht das erste Mal vor grossen Problemen. Schon die Generationen vor uns hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Immer wieder haben die Menschen in unserem Land bewiesen, dass sie Herausforderungen – so gross sie auch sein mögen – bewältigen können. Mit Mut und Zuversicht. Immer auch mit der nötigen Portion Eigenwilligkeit, aber auch mit der Bereitschaft, sich mit Fremdem auseinander zu setzen und innovativ zu sein. Gerne zitiert wird dabei etwa die humanitäre Tradition unseres Landes mit Henri Dunant, der als Begründer des Roten Kreuzes gilt. Was viele nicht wissen: Henri Dunant war vor allem ein weitgereister, weltoffener Geschäftsmann. Die Beobachtung des Kriegsgeschehens liess in ihm den Gedanken reifen, wonach sich Geschäft, internationale Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe nicht ausschliessen, sondern befruchten.
Jetzt ist es wieder einmal an uns, die Zukunft beherzt anzupacken. Dazu braucht es wieder Zuversicht und Mut. Aber manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass uns ebendieser Pioniergeist unserer Vorfahren etwas abhandengekommen ist. Wir diskutieren in der Schweiz mit Verve über Nebenschauplätze, statt das grosse Ganze im Blick zu haben. All die notorischen Pessimisten, die stets den Warnfinger heben und noch zuwarten wollen: Auf sie scheinen wir gerne zu hören.
Aber worauf warten wir? Wir können die aktuellen Herausforderungen nicht aussitzen. Während wir zögern und alles noch ein zweites oder ein drittes Mal abklären lassen, um uns abzusichern, werden wir von anderen Ländern überholt. Wenn ich mir die internationalen Rankings anschaue, dann ist die Schweiz zwar immer noch ganz vorne dabei – sei es in Ranglisten über den Wohlstand oder die Wettbewerbsfähigkeit, um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber wir rutschen in diesen Rankings kontinuierlich nach hinten (Wohlstand Quelle: Legatum Institute, CH von Rang 3 auf Rang 5, Wettbewerbsfähigkeit Quelle: IMD Ranking, CH von Platz 1 auf Platz 2). In der Negativ-Rangliste der teuersten Städte der Welt holen wir dagegen auf: Erstmals belegen in diesem Jahr Zürich, Genf, Basel und Bern die Ränge 2 bis 5. Nur Hongkong ist noch teurer (Quelle: Mercer).
Diese Entwicklung macht mir Sorgen! Unser Wohlstand ist nicht selbstverständlich, sondern das Resultat von langer, harter Arbeit und vielen richtigen Entscheiden. Die Schweiz war immer die Heimat für Menschen, die gewillt waren, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen. Gegen innen, aber auch gegen aussen. Von Menschen, die ihr Schicksal selbstbewusst gestalten wollten. Die gewillt waren, mehr zu arbeiten und nicht in erster Linie dem Staat zuzurufen. Dieses Erfolgsmodell möchte ich bewahren und in die Zukunft tragen.
Deshalb: Wagen wir wieder etwas! Haben wir den Mut, zu sagen, was wir wollen – und was nicht. Wille ist etwas urschweizerisches. Wer einen Willen hat und diesen hartnäckig verfolgt, wird ihn auch durchsetzen können. Die Politik muss die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit alle, die wollen, in unserem Land erfolgreich sein können. Und dass für die Schwachen in unserer Gesellschaft gesorgt wird. Dafür stehen unsere liberalen Grundwerte. Es ist das Vertrauen in diese Grundwerte, die mich trotz all der Herausforderungen positiv nach vorne blicken lässt.
So bin ich mir sicher, dass wir es auch dieses Mal schaffen, gemeinsam die richtigen Massnahmen einzuleiten. Dass wir die grossen Themen anpacken – beispielsweise die Sicherheit der Schweiz, den Klimawandel, die Energiefrage oder die Sicherung unserer Sozialwerke. Für all diese Aufgaben braucht es Mut zur Veränderung und Offenheit. Diesen Mut wünsche ich unserem Land und damit uns allen.