Damian Müller | Ständerat

Wohnungsnot: Eine Krise mit Ansage!

  • 30. Januar 2023
  • 4 min Lesezeit
  • Zuversicht

Seit Jahren deuten alle Indikatoren darauf hin, dass der Wohnraum immer knapper und teurer wird in unserem Land. Steigende Zinsen, immer weniger bebaubares Land und immer mehr Auflagen sowie lange Verfahrensdauern dürften in den kommenden Jahren nochmals zu einer tieferen Bautätigkeit führen. In zwei Postulaten habe ich vom Bundesrat Antworten auf die dringlichen Fragen verlangt – und taugliche Lösungsvorschläge.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht über die zunehmende Wohnungsknappheit und ins Unermessliche steigende Preise von Miete und Eigentum in unserem Land berichten. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Wohnraum durch die konstant hohe Zuwanderung und den Trend hin zu immer mehr Singlehaushalten jährlich an. In Zeitungsberichten werden Menschen porträtiert, die in langen Schlangen für eine Wohnungsbesichtigung anstehen, oder es wird aufgezeigt, dass in den Städten selbst Gutverdienende Mühe haben, eine erschwingliche Wohnung zu finden.

Dabei kommt die aktuelle Wohnungsknappheit keineswegs überraschend. Im Gegenteil: Es ist eine Krise mit Ansage. Seit Jahren deuten sämtliche Indikatoren darauf hin, dass es zu wenig Wohnraum in unserem Land gibt – und dass sich diese Entwicklung weiter verschärft. Die Leerwohnungsquote war gemäss Bundesamt für Statistik per 1. Juni 2022 so tief wie zuletzt vor 20 Jahren. Inzwischen schlägt auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin – herausgefordert durch meine im Parlament eingereichten Aufträge an den Bundesrat – Alarm. So rechnete er kürzlich in der Sonntagspresse vor: Aufgrund der Zuwanderung würden jährlich 50’000 zusätzliche Wohnungen gebraucht. 2021 wurden aber nur 46’000 neue Wohnungen gebaut – und die Bautätigkeit ist in der Schweiz seit 2018 rückläufig, währenddessen die Zuwanderung wieder gestiegen ist. Ohne Gegenmassnahmen drohten gar soziale Spannungen aufgrund des zunehmend fehlenden Wohnraumes, warnte Parmelin zurecht. Wohnen ist ein Grundbedürfnis. So erstaunt es auch nicht, vermeldet die NZZ vor wenigen Tagen, im Sorgenbarometer für den Kanton Zürich hätten sich die Sorge um die Mietpreise inzwischen auf Platz 2 hochgearbeitet – direkt hinter der Sorge um die Krankenkassenprämien.

Massnahmen aufzeigen, wie die tiefe Leerwohnungsquote entschärft werden kann

Warum aber funktioniert der Markt für Wohnungen und Häuser nicht? Fragen dazu habe ich Ende letzten Jahres in zwei Postulaten an den Bundesrat gestellt. Im ersten Postulat fordere ich die Landesregierung auf, einen Bericht mit Antworten vorzulegen (zum Postulat 22.4290). In diesem Bericht sollen die Gründe für die tiefe Leerwohnungsquote der Schweiz evaluiert werden. Darauf basierend soll der Bundesrat Massnahmen evaluieren und darlegen, wie die tiefe Leerwohnungsquote entschärft werden kann – sowohl mittelfristig als auch langfristig.

Konkret will ich wissen, inwiefern die Einführung des revidierten Raumplanungsgesetzes per 1. Januar 2014 und die damit einhergehende Verknappung des Baulands, die Dauer der Bewilligungsverfahren, geltende Bestimmungen im Zusammenhang mit der Ausnützungsziffer, die Verhinderung von Wohnbauprojekten aufgrund von Einsprachen und erfolgreichen Referenden sowie das natürliche Bevölkerungswachstum und die Migration zu der tiefen Leerwohnungsquote beitrugen.

In einem zweiten Postulat 22.4289 zur Mietpreisexplosion in der Schweiz fordere ich den Bundesrat auf, die Gründe für die Preisentwicklung der Wohnungsmieten in der Schweiz seit 2002 darzulegen. Die Untersuchung soll für alle Ebenen (aggregiert für die Schweiz, Städte, Agglomerationen und Gemeinden) durchgeführt werden wie auch spezifisch für die Städte Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich. Dabei soll insbesondere untersucht werden, inwiefern folgende drei Faktoren einen Einfluss auf die Preisentwicklung hatten: die Einführung der Personenfreizügigkeit im Jahr 2002 und das damit einhergehende Bevölkerungswachstum, die Einführung des revidierten Raumplanungsgesetzes per 1. Januar 2014 und die damit einhergehende Verknappung des Baulands sowie die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage.

Forderungen nach mehr Staat entschieden entgegentreten
Globale Entwicklungen wie die steigenden Zinsen befeuern den Trend zu einer tieferen Bautätigkeit noch zusätzlich. Und: Der Mangel an Bauland in den Zentren führt zu Neubauten in immer abgelegeneren Gebieten. Zahlen, mit denen diese Entwicklung gemessen wird, bestätigen, dass die Zersiedelung in der Schweiz stark zunimmt.

Wir dürfen der zunehmenden Wohnungsknappheit und den daraus resultierenden negativen Folgen nicht länger tatenlos zusehen. Wer in dieser Situation aber nach mehr Staat im Wohnungswesen ruft, verbessert die Lage nicht, sondern sorgt nur dafür, dass es noch mehr Auflagen und Vorgaben gibt – und dass am Schluss noch weniger gebaut wird.

Vergessen wir nicht: Praktisch alle grossen Schweizer Städte, in denen die Wohnungsknappheit stark ausgeprägt ist, werden seit Jahren oder gar Jahrzehnten von Links-Grün regiert. Trotzdem müssen gerade in den Städten Menschen stundenlang Schlange stehen, um sich eine Wohnung nur schon ansehen zu können.