Damian Müller | Ständerat

Wirksame Massnahmen statt Symbolpolitik - Sessionsrückblick Sommer 2023

  • 18. Juni 2023
  • 5 min Lesezeit

In der Sommersession haben wir bei grossen Themen wie der Migration, den Gesundheitskosten und der Stromversorgung wichtige Entscheide gefällt, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Zudem will ich mit einer Motion Anreize schaffen, damit mehr Menschen nach ihrer Pensionierung freiwillig weiterarbeiten.

Pünktlich zur Sommersession ist die warme Jahreszeit eingekehrt. So sehr ich den Sommer schätze, so bedeuten die warmen Temperaturen politisch betrachtet leider jedes Jahr eine Zunahme von Asylsuchenden in ganz Europa. Grossbritannien meldete am 11. Juni einen neuen, traurigen Rekord von Überfahrten auf kleinen Booten durch den Ärmelkanal. Mehr als 600 Personen wurden an einem Tag entdeckt. Die EU ihrerseits hat vor einigen Tagen schärfere Regeln für Migranten, die ohne Bleibeperspektive in die Europäische Union kommen, aufgegleist.

Magnetwirkung der Schweiz verhindern

Auch im Ständerat war die Migration ein grosses Thema. Wir haben uns gegen den Bau von Wohncontainern für Asylsuchende ausgesprochen und einen Kredit dafür abgelehnt. In der aktuellen Situation neue Plätze zu schaffen, würde wie ein Magnet wirken. In Italien gibt es bekanntlich nicht genügend Unterkünfte für Asylsuchende. Viele Menschen würden dann einfach in die Schweiz weiterreisen.

Ich engagiere mich dafür, dass im Migrationsbereich unsere geltenden Gesetze konsequent angewendet werden. Dazu habe ich verschiedene Motionen eingereicht, die im Ständerat gegen den Willen des Bundesrats eine Mehrheit gefunden haben. In einer ersten Motion habe ich verlangt, dass in einem Pilotprojekt in der Schweiz abgewiesene Asylbewerber aus Eritrea in ein Drittland ausreisen müssen, falls sie nicht freiwillig nach Eritrea zurückkehren. Wichtig: Dabei handelt es sich nicht um eine Auslagerung des Asylverfahrens, sondern es betrifft nur Menschen, die in der Schweiz ein Asylverfahren bereits durchlaufen haben, einen abschlägigen Bescheid erhalten haben und demnach keinen Schutz benötigen.

Eine zweite Motion, die der Ständerat gutgeheissen hat, betrifft die Rückführungen. Ich will erreichen, dass Algerien bei Zwangsrückführungen mit der Schweiz besser kooperiert. Niemand versteht, dass Menschen hierbleiben können, nur weil sie sich weigern, in ihr Heimatland zurückzureisen.

Kompromiss zur radikalen Prämienentlastungsinitiative

Ein weiteres Dauerthema in jedem Sommer sind leider auch die hohen Gesundheitskosten. Der Vergleichsdienst Comparis geht davon aus, dass die Krankenkassenprämien im nächsten Jahr um mindestens sechs Prozent steigen. Schon auf das laufende Jahr hin betrug das Plus 6.6 Prozent. Ich wehre mich allerdings gegen den Populismus, der mit diesen schlechten Nachrichten einhergeht – Stichwort Deckelung der Chef-Saläre bei Krankenversicherern. Statt Symbolpolitik zu betreiben, müssen wir wirksame Massnahmen umsetzen. Dazu gehört der Kompromiss, den wir im Ständerat als Antwort auf die radikale Prämienentlastungsinitiative der SP vorschlagen. Dieser Kompromiss sieht vor, dass die Kantone neu einen Mindestbetrag von 3,5 bis 7,5 Prozent der kantonalen Kosten der Grundversicherung für die Prämienverbilligung aufwenden müssen. So werden gezielt jene Haushalte entlastet, die es nötig haben.

Umfassende Elektrifizierung im Verkehrs- und Wärmesektor ist nötig

Weil Sommer bekanntlich immer auch vor dem nächsten Winter ist, hat uns im Ständerat auch die Stromversorgung beschäftigt. Um die Ziele der Energiestrategie 2050 und der langfristigen Klimastrategie der Schweiz zu erreichen, braucht es eine umfassende Elektrifizierung im Verkehrs- und Wärmesektor. Dazu muss die inländische Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien rasch und konsequent ausgebaut werden. Das Energiegesetz enthält neu verbindliche Zielwerte für die Jahre 2035 und 2050. Die bisherigen Förderinstrumente für die erneuerbare Stromproduktion sind bis Ende 2022 und 2030 befristet. Neu werden sie bis 2035 verlängert und marktnäher ausgestaltet.

Bereits im letzten September haben wir im Ständerat Weichen für die Versorgungssicherheit gestellt, etwa für den massiven Ausbau von 35 Terawattstunden bis 2035 und 45 Terawattstunden bis 2050. Dabei haben wir als Ständerat den Spagat zwischen Nutzungs- und Schutzinteressen versucht. In der Sommersession wurde zudem beschlossen, geeignete Gebiete in den kantonalen Richtplänen auszuscheiden, welche für die Nutzung von Solar- und Windenergie geeignet sind. Ausserdem sollen sie in einer Interessenabwägung anderen nationalen Interessen grundsätzlich vorgehen.

Freibetrag bei der AHV für Pensionierte erhöhen

Ein wichtiges Thema bleibt für mich auch die Sicherung unserer Renten und die Erhaltung genügender Fachkräfte trotz der Pensionierung der Babyboomer in den nächsten Jahren. Deshalb habe ich eine Motion eingereicht, die Anreize für das freiwillige Weiterarbeiten nach dem Pensionsalter schafft. Anstatt den beruflichen Einsatz von Rentnern finanziell zu belohnen, schröpfen wir sie mit unsinnigen Abgaben. Ich finde es falsch, dass Pensionierte weiterhin Beiträge an die AHV leisten müssen, die gar keine Wirkung auf ihre Rente mehr haben. Erwerbstätige Rentner entrichten 600 Millionen Franken an die Sozialversicherungen AHV, IV und EO, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Eigentlich wäre es gerecht, diese Beiträge vollständig abzuschaffen. Ichh schlage in meiner Motion einen Mittelweg vor: Konkret will ich den Freibetrag von heute 16 800 Fr. im Jahr auf 36 000 Fr. anheben. Dies, nachdem der Freibetrag von mehr als zwanzig Jahren letztmals der Teuerung angepasst wurde. Bei einem Jahreslohn von 100 000 Fr. wären somit nur noch 64 000 Fr. AHV-pflichtig. Diese Massnahme ergänzt sich bestens mit einer Massnahme der AHV21: wer nicht auf die Maximalrente kommt, soll künftig freiwillig auf dem ganzen Einkommen nach der Erreichung des Rentenalters im Rahmen der Weiterarbeit Beiträge leisten können – und somit seine Rente noch verbessern.

Mit meiner Motion ziele ich noch auf eine zweite Verbesserung ab beim Vorbezug der AHV. Heute lässt sich die Rente bis zu zwei Jahre früher beziehen. Im Gegenzug wird der Betrag um 13,6% reduziert, wer bereits mit 63 Jahren in Vorpension geht. So wird der Vorbezug finanziert. Nun hat der Bund angekündigt, dass er diese Kürzung ab 2027 sogar noch massiv senken will. Künftig würde die AHV-Rente bei einem Vorbezug im Alter 63 nur noch um 7,7% gekürzt. Das ist absurd: Trotz Fachkräftemangel will der Bund die Vorpensionierung sogar noch attraktiver machen Meine Absicht ist es nicht, dass alle Pensionierten länger arbeiten müssen. Wer dies aber  freiwillig tun will, für den soll es sich finanziell auch lohnen. Und wer freiwillig in Vorpension will, soll dafür nicht noch finanziell belohnt werden.