Personenfragen vor Sachgeschäften
- 01. Oktober 2018
- 7 min Lesezeit
- Sessionsbericht - Herbstsession 2018
-
Vernetzte Welt
Mit Bundesrätin Doris Leuthard und Bundesrat Johann Schneider-Ammann kündigten gleich zwei Bundesräte an, per Ende Jahr aus der Landesregierung auszutreten. Es bewahrheitete sich danach einmal mehr, dass Personalien über Sachgeschäfte stehen. Nach den Rücktritten traten alle Sachthemen in den Hintergrund. Die Asylproblematik, der Freihandel mit Malaysia und Indonesien, die Luzerner Anschlüsse im öffentlichen Verkehr, die Senkung des Wasserzinses und sogar die Steuervorlage 17 hatten in diesen Tagen medial keine Chance.
Auf einmal war alles anders. Die Rücktritte von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann aus dem Bundesrat haben alle Geschäfte in den Hintergrund der medialen Wahrnehmung verschwinden lassen. Und das wird die nächsten Monate so bleiben, solange nämlich, bis die Spekulationen vorbei sind und neue Bundesräte gewählt werden. Und das wird erst zu Beginn der nächsten Session der Fall sein.
Mir ist es aber ein Anliegen, das Scheinwerferlicht auf einige mir wichtige Fragen zu werfen, die wir in den letzten drei Wochen in der kleinen Kammer diskutiert und entschieden haben.
Einen ganz bedeutenden Entscheid fällten wir am vergangenen Dienstag, als wir die Motion unseres Nationalratskollegen Jean-Pierre Grin abgelehnt haben, anders als dies unsere Schwesternkammer letzte Session getan hatte. Nationalrat Grin hatte verlangt, dass der Bundesrat in der Freihandelsverhandlung Palmöl ausklammert. Unser Rat hat aber eine eigene Motion eingereicht, damit der Bundesrat sicherstellt, dass in den Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien keine Konzessionen für Palmöl gewährt werden, welche die einheimische Ölsaatenproduktion reduzieren. Mit diesem Kompromiss konnte verhindert werden, dass unsere Exportindustrie wichtige Märkte in Asien nicht bearbeiten könnte. Damit wäre das legendäre Huhn geschlachtet worden, das goldene Eier legt. Denn eine Annahme der Motion hätte nichts weniger bedeutet als den Abbruch der Freihandelsverhandlungen mit den beiden Ländern. Dort ist Palmöl nämlich wirtschaftlich etwa so wichtig wie Uhren, Schokolade und Pharmaprodukte für die Schweiz.
Umsetzung einer fairen Eritrea-Asylpolitik
Angenommen, und zwar diskussionslos, wurde hingegen meine Eritrea-Motion, die eine konsequentere Rückschaffung abgewiesener Asylbewerber verlangt. Auch der Bundesrat war bereit, diese Motion entgegenzunehmen. Allerdings habe ich gewisse Bedenken, was die Umsetzung angeht. Das Staatssekretariat für Migration hat anfangs September mitgeteilt, dass rund 250 Asylanträge von Eritreern überprüft worden seien, mit dem Resultat, dass in etwa 20 bis 25 Fällen die Bewilligung entzogen werde. Aber was wird geschehen? Rückführen kann man diese Menschen nicht, da Eritrea nur Bürgerinnen und Bürger aufnimmt, die freiwillig zurückkehren. Ich habe deshalb in einer Interpellation vom Bundesrat detaillierte Auskünfte verlangt, wie viele solche Fälle es gibt und wie in diesen Fällen vorgegangen werde. Ganz speziell will ich wissen, was unsere Justizministerin unternimmt, um endlich eine Lösung für dieses leidige Problem zu finden. Mir geht es nicht in erster Linie um ein hartes Asylregime, mir geht es vielmehr darum, die Glaubwürdigkeit in unsere Politik zu erhalten. Diese Glaubwürdigkeit wird beschädigt, wenn wir Gesetze machen, sie dann aber dann doch nicht umsetzen.
Für eine zeitgemässe Flüchtlingskonvention
Neben dieser Interpellation habe ich im Flüchtlingsbereich noch ein Postulat eingereicht, das vom Bundesrat verlangt, dass er die Frage klärt, wie die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 an die heutigen Gegebenheiten angepasst werden könnte. Es ist klar, dass sich die Flüchtlingssituation in den letzten 67 Jahren grundlegend verändert hat. Die Flüchtlingskonvention ist in erster Linie entstanden, um innereuropäische Flüchtlingsprobleme nach dem Zweiten Weltkrieg in den Griff zu bekommen. Damals war keine Rede von interkontinentalen Flüchtlingsströmen und auch nicht von Personen, die aus rein wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen, um anderswo eine bessere Zukunft zu suchen. Natürlich habe ich dafür ein gewisses Verständnis, aber Wirtschaftsmigration darf meiner Ansicht nach nicht in einer Flüchtlingskonvention geregelt werden. Genau dies soll der Bundesrat überprüfen, damit wir Grundlagen haben, die der heutigen Zeit entsprechen.
Zentralschweiz als Verkehrsdrehscheibe
In einer weiteren Intervention habe ich Kollege Konrad Graber unterstützt, der kritisiert hatte, dass die Zentralschweiz ein weiteres Mal übergangen werde, was den öffentlichen Verkehr angeht. Für die SBB ist es sicherlich eine Herausforderung, das Rollmaterial für die optimale Bedienung unserer Region zu garantieren. Aber ich habe darauf aufmerksam gemacht, dass Luzern und die Innerschweiz in knapp drei Jahren rund 1600 Athletinnen und Athleten, 900 Offizielle, 500 Medienschaffende, 3000 Freiwillige Helfer und 50’000 Gäste zur Winter-Universiade empfangen werden. Damit der Anlass reibungslos abläuft und die Zentralschweiz eine gute Gastgeberin sein kann, braucht es zwingend eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur, nicht nur auf der Strasse sondern vor allem auch auf der Schiene. Deshalb brauchen wir einen Fahrplan mit Direktverbindungen!
Steuervorlage ist ein sinnvoller Kompromiss und bringt den Kanton Luzern vorwärts
Dass ich erfreut bin über die Zustimmung des Nationalrats zur Steuervorlage 17 habe ich einleitend bereits erwähnt. Wie Sie wissen, und ich gebe es gerne nochmals zu, habe ich mich anfänglich schwer getan mit der Verknüpfung von Unternehmenssteuer und AHV. Mittlerweile bin ich aber überzeugt, dass dies der einzige Weg ist, da die Zeit knapp ist und es unbedingt Entscheidungen braucht. Wenn nun gewisse Leute wegen diesem Kompromiss bereits den Untergang der direkten Demokratie heraufbeschwören, zeugt das für mich nicht vom nötigen Sinn für Realpolitik. Das ist ideologisches Geplänkel, davon sollten wir uns nicht beeindrucken lassen. Undemokratisch ist aber, nach gefälltem Entscheid die gefundene Lösung zu hintertreiben.
Wasserzinsen bleiben – zu hoch?
Kein Erfolg hatte mein Einsatz, bei der Revision des nun hundertjährigen Wasserrechts-Gesetzes Nägel mit Köpfen zu machen und alte Zöpfe abzuschneiden. Meine Argumentation, dass sich die Situation bezüglich der Wasserkraft in den vergangenen hundert Jahren grundlegend verändert habe, fand nur bei einer Minderheit Zustimmung. Deshalb blieb die Forderung nach einer wirklichen Reform des Gesetzes und einer Senkung des Wasserzinses chancenlos. In dieser intensiven Debatte zeigte sich klar, wie stark die sogenannte Alpen-OPEC nach wie vor ist. Aber diese Niederlage kam nicht unerwartet. Somit bleibt der Wasserzins auf 110.- Franken pro Kilowattstunde.
Kinder- und Jugendgesetz – verpasste Chance
Enttäuscht war ich von der bundesrätlichen Antwort zu meinem Vorstoss zum Kinder- und Jugendschutzgesetz. Ich hatte angeregt, dass das bestehende Gesetz auch auf das ausserschulische Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen ausgedehnt werden könnte. Damit wollte ich erreichen, dass eine Finanzierung eben dieser Tätigkeiten auch möglich würde. Es gibt nämlich vermehrt Aktivitäten in der Schnittstelle von schulischem und ausserschulischem Bereich, die vom Gesetz nicht erfasst werden und deshalb auch nicht mit finanzieller Unterstützung rechnen können. Vor allem wollte ich aber erreichen, dass auch Geld investiert werden könnte, um junge Menschen für die Politik zu interessieren. Wenn nun der Bundesrat argumentiert, dafür seien die Gemeinden zuständig, finde ich das bedauerlich. Denn es ist eine billige Ausrede.
Schliesslich möchte ich noch einige Punkte erwähnen, die nicht auf der Traktandenliste unseres Rates erschienen. So habe ich Anfang Woche Einsitz im Co-Präsidium einer neuen parlamentarischen Gruppe „Kinder- und Jugendmedizin“ genommen. Ich bin überzeugt, dass gerade in dieser Thematik grosser Handlungsbedarf besteht und dass die Kinder und Jugendlichen im Parlament eine Lobby verdienen, wie es sie für viele Kranke und Bedürftige längst gibt.
Ständerat besucht Basel
Nicht auf der Traktandenliste erschien auch der Ständeratsausflug nach Basel, wo wir uns von der „Bank for International Settlements (BIS)“ über deren Tätigkeitsgebiet informieren liessen. Sehr eindrücklich war der anschliessende Besuch des Basler Kunstmuseums, das eine der wichtigsten Kunstsammlungen der Schweiz beherbergt. Das Abendessen auf einem Rheinschiff gab uns zum Abschluss eine willkommene Gelegenheit, uns mit der Basler Regierung auszutauschen.
Und last but not least
Solothurn hatte mich eingeladen, an einer kleinen Veranstaltung teilzunehmen, an der das 100jährige Jubiläum des bekannten Solothurner Lieds gefeiert wurde. Gerade über diese Hymne sind Luzern und Solothurn nämlich miteinander verbunden, denn der Text stammt vom Luzerner Vikar Karl Robert Enzmann, der 1913 von Bischof Jakob Stammer an die Kathedrale St. Ursern geholt wurde. Diese kleine Feier hat viel Freude gemacht und eine alte interkantonale Freundschaft bekräftigt.
Abschliessend möchte ich mich bei den Mitgliedern der Ortsparteien Mauensee und Grosswangen bedanken, die mich während der Session in Bern besucht haben. Solche Besuche ermöglichen gute persönliche Gespräche, welche für meine Arbeit ausserordentlich wichtig sind.