Damian Müller | Ständerat

Aus der Krise die richtigen Lehren ziehen

  • 21. März 2022
  • 4 min Lesezeit

Die vergangene Frühjahrssession wurde überschattet vom Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine. Das Ausmass der humanitären Katastrophe ist unvorstellbar. Ich setze mich mit ganzer Kraft dafür ein, dass die Schweiz ihre guten Dienste nutzt. Wir müssen unseren Beitrag leisten und zumindest versuchen, einen raschen Waffenstillstand auszuhandeln.

Der Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine macht mich fassungslos. Eine solche Aggression in Europa übersteigt alles, was ich mir bislang vorstellen konnte. Die vergangenen zwei Jahre war ich Präsident der aussenpolitischen Kommission des Ständerats. In dieser Zeit konnte ich mich davon überzeugen, wie unser Land den Ruf eines neutralen und unabhängigen Staates ohne koloniale Vergangenheit und ohne geopolitische Interessen geniesst. Nach mehr als drei Wochen Krieg sollte die Schweiz deshalb alles versuchen, damit es wenigstens zu einer Waffenruhe in der Ukraine kommt.

Die Aggression Putins gegen ein friedliches Nachbarland bestärkt mich zudem in der Überzeugung, dass die Schweiz an ihrer Kandidatur für einen zweijährigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat festhalten sollte. Es ist richtig, sich für den Frieden und die Einhaltung des Völkerrechts einzusetzen. Und es ist kein Widerspruch zu unserer Neutralität. Ich bin sehr dankbar, dass nach dem Nationalrat auch der Ständerat die Vorlage nicht im letzten Moment noch gekippt hat.

Umstieg auf erneuerbare Energien forcieren

In der Schweiz spüren wir bislang die indirekten Folgen des Krieges. Mir ist bewusst, dass die hohen Preise für Öl und Gas viele Haushalte und auch grosse Teile der Wirtschaft vor gewaltige Herausforderungen stellen. Von den populistischen Forderungen nach einer Deckelung des Ölpreises oder einer kompletten Autonomie in Energiefragen halte ich dennoch nichts. Ich hoffe, dass wir jetzt die richtigen Lehren aus dieser Krise ziehen.

Diese Lehren sind für mich eindeutig: Wir müssen den Umstieg auf erneuerbare Energien forcieren und unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen senken. Dies schaffen wir nicht, indem wir einfach nach dem Staat rufen. Wir müssen jetzt Investitionen in neue Technologien tätigen.

Erfolgreiche Motion zum ökologischen Mehrwert von Ökostrom im Winter

Besonders wichtig ist für unser Land, dass vor allem in den nebligen und kalten Wintermonaten zwischen November und März genügend Energie zur Verfügung steht. In einer Motion habe ich mich dafür stark gemacht, dass Konsumentinnen und Konsumenten genauer darüber informiert werden, woher der von ihnen verbrauchte Strom kommt. Damit soll in erster Linie der ökologische Mehrwert von Ökostrom im Winter erfasst und aufgewertet werden. Die Motion geht nun an den Nationalrat. Erfolgreich engagiert habe ich mich auch für die Annahme einer Motion des Nationalratskollegen Matthias Jauslin, die den Bundesrat beauftragt, einen Investitionsplan vorzulegen, um die Versorgung seines Immobilienbestandes mit erneuerbarer elektrischer Energie innerhalb von 12 Jahren sicherzustellen.

Als Mitglied der ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie befasse ich mich bereits seit längerem sehr intensiv mit der sicheren Stromproduktion in der Schweiz. Der Bundesrat schlägt in einem Mantelerlass den Ausbau der Winterproduktion mit Speicherwasserkraftwerken vor. Diese Vorschläge sind mir allerdings zu starr und zu wenig ambitioniert. Wir müssen den Fokus erweitern, um der drohenden Stromlücke im Winter zu begegnen. Der Ausbau sollte mit Kraftwerken im Inland erfolgen, die vor allem im Winter produzieren und klimaneutral sind sowie mit Anlagen, die klimaneutral Wasserstoff und synthetische Gase herstellen. Für mich ist entscheidend, dass wir zügig vorwärts machen.

Gesundheitswesen: Nach pragmatischen Lösungen suchen

Einmal mehr haben wir uns im Parlament auch mit den steigenden Kosten im Gesundheitswesen beschäftigt. Die Kolleginnen und Kollegen vom Nationalrat haben einem Monitoring mit Korrekturmöglichkeiten im Gesundheitswesen zugestimmt. Beide Kammern hatten diese vom Bundesrat beantragte Kostensteuerung letztes Jahr eigentlich aus der Vorlage gestrichen. Diese kommt nun wieder in den Ständerat. Ich werde mich dafür engagieren, dass wir nicht immer nur Nein sagen, sondern pragmatische Lösungen suchen.

Eine weitere Motion, die das Gesundheitswesen betraf, wollte den Bundesrat beauftragen, ein nationales Forschungsprogramm «Alzheimerkrankheit» zu lancieren. Aktuell leiden in der Schweiz etwa 110 000 Menschen an Alzheimer. Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Krankheitsfälle bis 2030 verdoppeln und 2050 auf 350 000 ansteigen werden. Ich habe mich im Ständerat vergeblich mit einem Minderheitsantrag für den Aufbau eines Nationalen Forschungsprogramms zur Alzheimer-Krankheit stark gemacht. Sie hätte für alle Beteiligten, insbesondere auch für die Forschenden, mehr Planungssicherheit gebracht.

Weitermachen trotz des Krieges

Trotz der weltweit schwierigen Situation habe ich während der Session bewusst an zwei Spielen des FC Nationalrates teilgenommen. Es ist wichtig, dass wir bei aller Anteilnahme mit den Kriegsopfern weiterleben und uns Auszeiten gönnen. Ich hoffe, dass auch Ihnen das gelingt – trotz der anhaltend verstörenden Bildern aus der Ukraine.