Jetzt Koalitionen schmieden
- 15. November 2018
- 4 min Lesezeit
- Beitrag für Zentralplus
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Vernetzte Welt
Am 31. Oktober hat der Bundesrat seine Pläne vorgestellt, wie der öffentliche Verkehr ausgebaut werden soll. Zwar sollen bis 2035 die Züge zwischen Luzern und Zürich viertelstündlich rollen, auf einen Durchgangsbahnhof muss die Leuchtenstadt aber weiter warten. Auch wenn weiter geplant werden darf, bleibt alles noch etwas unverbindlich.
„Der Bundesrat wird eingeladen, die Planung eines durchgehenden Tiefbahnhofes unverzüglich in die Wege zu leiten.“ Mit diesen Worten forderte der damalige Luzerner Ständerat Robert Bühler die Landesregierung auf, ein Projekt auszuarbeiten, um den Luzerner Kopfbahnhof zu entlasten. Ein solches Projekt, so argumentierte Bühler, brächte nicht nur Zeitgewinne, durch die Rationalisierungseffekte im Lok- und Personalwechsel könnten auch Kosten eingespart werden. Doch das Anliegen stiess auf taube Ohren. „Ein Tiefbahnhof scheint auf absehbare Zeit nicht nötig zu sein“, hiess es in der bundesrätlichen Antwort. Das war Ende 1989.
Seit 29 Jahren rennen wir in Bern an, wenn es um die Verbesserung des Bahnangebots in Luzern geht. Und absehbar ist eine Lösung immer noch nicht. Bloss die Vertröstungen wurden mit den Jahren langsam zur Tradition. Ob die Vorstösse von Segmüller, Schelbert, Birrer-Heimo oder Theiler kamen, ob die CVP, die Grünen, die SP oder wir Freisinnigen/Liberalen dahinter standen, stets wurde abgewiegelt. Kein Wunder, dass mein Kollege Koni Graber im letzten Jahr leicht entnervt sagte, er habe den Eindruck, die Zentralschweiz werde in Sachen öffentlichem Verkehr systematisch benachteiligt. Natürlich nicht, versicherte die Landesregierung.
Allerdings war die Antwort des Bundesrates ein weiteres Mal eher lau. Nicht Priorität. Das hatten wir schon im April des letzten Jahres aus dem Mund der Vizedirektorin des Bundesamts für Verkehr vernommen, als Luzern in keinen ihrer Szenarien zum Bahnausbau 2030/35 auftauchte. Und der Bund wiederholte diese Aussage, als er meine Anfrage betreffend dieser Aussagen mit der Bemerkung schloss: „Aus nationaler Sicht weisen andere Projekte ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis und eine höhere Dringlichkeit zur Beseitigung von Überlasten auf.“
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Man musste also aufs Schlimmste gefasst sein, als unsere Verkehrsministerin Ende Oktober vor den Medien die Pläne für die Bahnzukunft darlegte. Der Worst Case ist zwar nicht eingetreten. Aber es ist definitiv, auf den Durchgangsbahnhof kann erst die übernächste Generation hoffen.
Immerhin – und das ist ein Novum – hält der Bundesrat erstmals fest, dass die Planung eines Durchgangsbahnhofs weitergeführt werden soll. Dafür sind im Ausbauschritt 2025 100 Millionen Franken enthalten. Und der Bundesrat – auch das ist neu – schliesst nicht aus, dass der Durchgangsbahnhof in den übernächsten Ausbauschritt 2040 aufgenommen werden soll. Für mich ist klar: Es macht wenig Sinn, dass nicht klar und deutlich festgehalten ist, dass der Durchgangsbahnhof mit dem übernächsten Ausbauschritt realisiert wird. Ich gehe mit der Befürchtung unserem Regierungsrat Robert Küng völlig einig, ein Auflageprojekt in der Schublade zu haben, die Bauvorbereitungen aber nicht vorantreiben können, weil wir auf den nächsten Ausbauschritt warten müssen.
Koalitionen schmieden
Nun heisst es, nicht locker zu lassen. Wie ein schönes englisches Sprichwort sagt, „there is always a train after a train“. Diese Aussage trifft gerade in Bahnfragen hervorragend zu. Wir Politiker sind also gefordert. Konkret geht es darum, die Projektierung des Durchgangsbahnhofs verbindlich im „Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2035“
für die Eisenbahninfrastruktur zu verankern. Deshalb müssen wir alles daran setzen, eine Ergänzung der vorliegenden Botschaft zu erwirken. Das würde immerhin einen nahtlosen Übergang von der Planung zur Bauvorbereitung zu garantieren.
Aber genau das erreicht einer allein nicht, vor allem nicht in Fragen des Bahnausbaus. Da balgen sich viele hungrige Mäuler um den finanzpolitischen Futternapf der Eidgenossenschaft. Neben grossen Finanzbeiträgen kämpfen die verschiedenen Regionen auch um ihre Sonderinteressen. Das Kunststück ist nun, diese Interessen im besten Sinne für uns zu kombinieren. Da braucht es Fingerspitzengefühl und einen langen Atem.
Für uns ist klar, ohne den Durchgangsbahnhof hat der öffentliche Verkehr schlechte Karten für die Zukunft. Nur mit ihm kann der Platz geschaffen werden für die Bedürfnisse der Zentralbahn, die auch stetig zunehmen. Dieser Umstand sichert uns die Unterstützung der Zentralschweizer Kolleginnen und Kollegen. Aber ein Durchgangsbahnhof steht nicht nur im Innerschweizer Interesse. Es geht auch um die Nähe der Deutschschweiz zum Tessin. Nicht nur, weil die Fahrzeit von Basel nach Lugano eine halbe Stunde kürzer wird, wie sie schon Bühler gefordert hatte, auch die gefühlte Distanz zwischen den Landesteilen würde mit einem Durchgangsbahnhof in Luzern deutlich schrumpfen. Das sehen auch die Tessiner Kolleginnen und Kollegen so. Aber das reicht noch nicht. Aber wir brauchen auch die Unterstützung der Berner, der Basler, der Welschen, der Zürcher und der Ostschweizer. Da ist harte und vor allem kontinuierliche Arbeit absolut unerlässlich.
Politik ist immer eine Frage des Trade-Offs, also eine Frage des Gebens und Nehmens. Auch in Sachen öffentlichem Verkehr. Also müssen wir gut analysieren, welche andern Bahnprojekte wir unterstützen können, damit wir die Unterstützung der betreffenden Kantone auch für uns sichern können. Nur so sind Mehrheiten möglich. Aber genau dafür sind wir ja in Bern.