Die USA wollten Saudi-Arabien und Katar eine Lektion erteilen
- 15. April 2023
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Vernetzte Welt
Der Luzerner Ständerat verlangt eine PUK zu Credit Suisse und will den Schweizer Verband für Pferdesport modernisieren. In Finanz und Wirtschaft vom 14. April 2023.
Eigentlich wollte die FuW Damian Müller treffen, um über Pferdesport zu sprechen. Der Luzerner Ständerat ist seit Herbst 2021 Präsident des Schweizer Verbands für Pferdesport (SVPS) und damit der Vertreter von über 20’000 eingeschriebenen Pferdesportlern, in der Mehrheit Frauen.
Das Gespräch aber hat diese Woche während der Sondersession in Bern stattgefunden, im Bundeshausrestaurant «Galerie des Alpes». Während sich an den Nebentischen Abgeordnete mit Raclette stärken im Hinblick auf die Credit-Suisse-Monsterdebatte, bestellt Damian Müller einen Cappuccino, und wir sprechen über – Credit Suisse.
«Meiner Ansicht nach steht der Verwaltungsrat von Credit Suisse zuoberst in der Verantwortung», betont er. Relevant scheint ihm aber auch das Wirken weiterer Akteure. «Die USA wollten Saudi-Arabien und Katar eine Lektion erteilen», erklärt Müller. Dies habe beim Beinahe-Zusammenbruch von CS eine wichtige Rolle gespielt. Eine bemerkenswerte Aussage, denn Müller ist Mitglied der Aussenpolitischen Kommission. «Ich bin überzeugt, dass dieses Desaster auch mit der geopolitischen Entwicklung zu tun hat», fährt Müller fort. «Der globale Wirtschaftskrieg spielt auch auf dem Schweizer Finanzplatz.»
Das Verhältnis der drei Kräfte USA, China und Naher Osten sei komplex. Die arabischen Länder würden im Ukrainekrieg eine ambivalente Rolle spielen und hätten ihre Verbindungen zu Russland und China verstärkt. «Das Ende von CS und der Verlust für die Aktionäre ist auch in diesem Kontext zu verstehen.»
Mitentscheidend für das Ende war gemäss Müller mithin die Ende Oktober angekündigte Kapitalerhöhung von Credit Suisse. Damals wurde das saudische Herrscherhaus via die staatliche Saudi National Bank für einen Betrag von 1,5 Mrd. Fr. zum grössten CS-Aktionär mit 9,9% der Aktien. Zweitgrösster Aktionär ist der Staatsfonds von Katar, der noch im Januar seinen Anteil auf 6,9% aufgestockt hat. «Die arabischen Grossaktionäre von Credit Suisse waren nicht in erster Linie an der Tätigkeit der Bank interessiert, sondern vor allem an einer generellen Verstärkung ihres Einflusses auf die internationalen Finanzmärkte», kritisiert Müller.
Der 38-jährige FDP-Politiker fordert zum Fall Credit Suisse eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). «Wann, wenn nicht jetzt, ist eine Aufarbeitung der Vorgänge nötig?» Dabei müsse auch die Rolle der Nationalbank und der Finma beleuchtet werden. Auch die Rolle der US-Börsenaufsicht sieht Müller kritisch. Zur Verunsicherung der Anleger habe beigetragen, dass CS nach einer Intervention der SEC die Veröffentlichung des Geschäftsberichts verschoben habe. «Man muss sich fragen, wieso die SEC zu diesem heiklen Zeitpunkt Fragen zum vorjährigen Geschäftsbericht 2021 gestellt hat.» Es sei zu klären, «ob es zutrifft, dass sie damit ihre Kompetenzen überschritt. Und damit das System klar destabilisiert hat.»
Über Pferdesport haben wir dann doch auch gesprochen. Hier sieht sich Müller in der Rolle des Reformators. Er befürwortet eine Professionalisierung des Verbands. «Ich habe mich nicht zum Präsidenten wählen lassen, um an Anlässen Hände zu schütteln», sagt der Vielbeschäftigte. Er nimmt, um einige Interessenbindungen zu nennen, auch Aufgaben für die Mobiliar, pro Senectute und den Futtermittelverband wahr.
Im SVPS sind nun wichtige Positionen neu definiert und erstmals öffentlich ausgeschrieben worden. «Der Verband muss sich von einem Sportverband zu einem Kompetenzzentrum für das Pferd entwickeln», ist Müllers Vision. Und zudem: Der Verband muss weiblicher werden. Pferdebesitzer und Reiter sind mehrheitlich weiblich. In den Kommissionen des Verbandes hocken aber vor allem Männer.
Das Interesse am Pferdesport in der Schweiz ist leicht rückläufig, wie aus dem SVPS-Jahresbericht hervorgeht. Die Zahl der registrierten Sportpferde ist auf knapp 23’000 gesunken, obwohl der gesamte Pferdebestand bei rund 110’000 ungefähr stabil geblieben ist. Offensichtlich finden die SVPS-Disziplinen wie Dressur, Springen, Vielseitigkeit (über feste Hindernisse), Fahren, Voltige, Endurance und Para-Dressur weniger Anklang. Viele Pferdebesitzer interessieren sich nicht für eine Vereinsmitgliedschaft (die automatisch die SVPS-Mitgliedschaft bedeutet). «Die gesellschaftliche Akzeptanz des Pferdesports ist nur noch bedingt vorhanden», sagt Müller. Gewisse Kreise lehnen das Reiten ganz ab. «Themen wie Nachwuchsförderung, Weiterentwicklung des Pferdesports sowie die Positionierung des SVPS und insbesondere auch der Tierschutz haben Priorität.» Soeben hat der Verband den wegen Tierschutzvergehen verurteilten Springreiter Paul Estermann für sieben Jahre gesperrt.
Das Jahresbudget des SVPS beträgt gegen 10 Mio. Fr., ein Grossteil davon stammt aus staatlichen Quellen. Einen wichtigen Beitrag erbringen die Mitglieder in Form der jährlichen Lizenz- und Startgebühren, die für Turnierteilnahmen anfallen. Daneben fliessen im Sport Millionen von Sponsorenfranken meist am Verband vorbei direkt an Reiter, Trainer, Pferdehändler und Veranstalter. Diese Gelder in der Schweiz zu halten, ist für den Pferdesport entscheidend.