Die Schweiz ist bereit für ein digitales Gesundheitswesen
- 09. März 2024
- 3 min Lesezeit
In den meisten Vergleichen zur Digitalisierung landet die Schweiz im hinteren Mittelfeld – insbesondere, was das Gesundheitswesen angeht. Eine neue Studie zieht jedoch ein überraschendes Fazit: Die Voraussetzungen für die digitale Transformation des Schweizer Gesundheitswesens sind besser als vermutet.
Wir alle können nur den Kopf schütteln, wenn wir davon hören, dass in unseren Spitälern Ärztinnen und Ärzte Medikationspläne, die sie von einem zuweisenden Kollegen elektronisch erhalten, zuweilen ausdrucken und abtippen müssen, um sie im spitaleigenen System wieder zu erfassen. Leerläufe wie diesen gibt es in der gesamten Verwaltung. Kürzlich landete die Schweiz im E-Government-Benchmark-Bericht der Europäischen Kommission, welche den Fortschritt der Digitalisierung der Verwaltung untersuchte, auf Rang 29 von 35 Ländern.
Höchste Zeit also, dass die Digitalisierung endlich Schub bekommt. Dieses Anliegen steht auch im Zentrum meines Engagements als Präsident des Forum Gesundheit Schweiz, einer Organisation, die sich für eine freiheitliche Ausrichtung des Schweizer Gesundheitswesens einsetzt und dafür, dass die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen zum Wohl der Patientinnen und Patienten genutzt werden.
Das Forum Gesundheit Schweiz wollte nicht einfach ins allgemeine Lamento über die fehlende Digitalisierung in unserem Land einsteigen. Wir wollten Fakten und mögliche Lösungsansätze zum Thema erhalten. Deshalb haben wir den bekannten Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Alfred Angerer, Leiter der Fachstelle Management im Gesundheitswesen des Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie an der ZHAW und sein Team gebeten, eine Studie zum konkreten Nutzen von Digital-Health-Lösungen in der Schweiz durchzuführen. Die Studie sollte die Frage beantworten, welchen Beitrag die Digitalisierung zur Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen leisten kann und den konkreten Nutzen von Digital-Health-Lösungen in der Schweiz aufzeigen. Dazu wurden mit Expertinnen und Experten und Mitarbeitenden aus dem Gesundheitswesen sowie mit Patientinnen und Patienten persönliche Gespräche geführt.
Das überraschende Fazit: Digital-Health-Lösungen geniessen sowohl bei Patientinnen und Patienten wie auch bei Mitarbeitenden im Gesundheitswesen eine hohe Akzeptanz. Zudem kann technisch schon vieles umgesetzt werden. Es wurden in der Studie 21 mögliche Lösungen analysiert und auf ihre Machbarkeit überprüft.
Studienautor Prof. Dr. Alfred Angerer ist überzeugt: «Es gibt vergleichsweise geringe Hürden und überraschend hohe Machbarkeits-Werte für viele Digital-Health-Lösungen. Zusammen mit den hohen Nutzenpotenzialen spricht vieles für die breite Ausrollung der Digital-Health-Lösungen.»
Die Studie zeigt konkret auf, wie eine rasche Digitalisierung gelingen kann und welche möglichen Anwendungen die grösste Akzeptanz geniessen. Aus Patientensicht sind es fünf digitale Lösungen, die bevorzugt werden:
- Robotergestützte chirurgische Eingriffe
- Telemedizinische Gesundheitsversorgung
- Elektronische Medikation
- Telemedizinische Gesundheitsberatung
- Altersspezifische Assistenztechnologien/-systeme
Aus Mitarbeitersicht im Gesundheitswesen werden diese sechs digitalen Lösungen als besonders wichtig eingestuft:
- Robotergestützte chirurgische Eingriffe
- Digitale Prozessoptimierung von Managementprozessen
- Elektronische Medikation
- Datengestützte Therapieinnovationen und -forschung
- Pharmazeutische Forschung
- VR-/AR-Anwendungen für die Aus- und Weiterbildung
Diese Aufzählungen sind erfreulich, weil sie zeigen, dass Patientinnen und Patienten sowie die Mitarbeitenden sehr ähnliche Lösungen präferieren. Für eine Umsetzung gibt es also kaum Zielkonflikte zu lösen.
In der laufenden Frühlingssession hat sich der Nationalrat mit dem Programm DigiSanté beschäftigt und der Vorlage zugestimmt. Die Vorlage ist aktuell in der Kommission des Ständerats. Ich werde mich engagieren, dass auch die kleine Kammer dem Geschäft zustimmt. DigiSanté hat zum Ziel, ein digitales Gesundheitswesen zu fördern, «in dem alle relevanten Daten nahtlos ausgetauscht und von allen Systemen gelesen werden können». Bis 2034 will der Bund knapp 400 Millionen Franken in DigiSanté investieren.
Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Damit die Schweiz in internationalen Vergleichen künftig besser abschneidet und unsere Ärztinnen und Ärzte keine Papierlisten mehr abtippen müssen, sollten wir weniger über die Risiken der Digitalisierung als vielmehr über die Vorteile reden. Die Studie zeigt auf, wie wir den vorherrschenden Bedenken Rechnung tragen können, ohne die Digitalisierung auszubremsen. Dieses Fazit macht Mut!
Link zur Studie: www.forumgesundheitschweiz.ch