
Deregulierung statt immer lauterer Ruf nach mehr Staat
- 02. Juli 2025
- 3 min Lesezeit
Die Schweiz brüstet sich gerne mit Spitzenleistungen, sei es im Sport, bei der Schokolade oder in der Präzisionsindustrie, wo hiesige Produkte weit über die Landesgrenzen hinaus im Einsatz stehen. Da vergisst (oder verdrängt) man dann gerne mal die weniger guten Statistiken. Oder ist Ihnen bewusst, dass die Schweiz gemäss dem OECD-Index für Produkt- marktregulierung auf Rang 27 von 38 Ländern liegt? Dieser Index misst, wie hoch die Regulierungsdichte in einem Land ist, und bestätigt damit wohl das, was viele von uns fühlen. Der unternehmerische Freiraum wird kleiner und die Schweiz ist überreguliert!
Regulierung kann von aussen aufgezwungen sein und uns Freiraum nehmen. Schweizer Firmen gehören zu den besten der Welt und spielen im internationalen Umfeld. Sie haben sich somit auch an internationale Regulierungen zu halten. Dagegen ist nichts einzuwenden, sofern wir denn in der Schweiz keinen zusätzlichen Swiss Finish draufsetzen. Es gilt, durchdacht den Freiraum zu nutzen, welchen auch internationale Regulierungen offen lassen. Es wird uns oft Rosinenpickerei vorgeworfen – hier können wir die bewusst und vorteilhaft einsetzen. Nur so können wir unseren erfolgreichen Unternehmen ermöglichen, sich optimal zu positionieren und im Wettbewerb zu bestehen.
Die Wirkung muss im Mittelpunkt stehen
Regulierungen entstehen aber auch zu Hause, und dort haben wir alle einen Hebel, dagegenzuwirken. Denn Regulierung und Deregulierung haben eines gemeinsam: Sie entstehen nicht von selbst, sondern sie sind gewollt. Gerade in stürmischen Zeiten oder angetrieben von Neid, Unmut oder Angst, sind wir häufig verführt, nach neuen Gesetzen, Regeln und Vorgaben zu rufen.Jedoch sind Emotionen gerade im regulatorischen Umfeld schlechte Ratgeber. Dies zeigt sich beispielsweise beim Thema der Nachhaltigkeitsregulierung, die abstruse Blüten treibt. Über 1000 Indikatoren müssen nachge- wiesen werden, um der Berichterstattungspflicht gerecht zu werden. Unternehmen verbringen mehr Zeit mit Rapportieren als damit, nachhaltige Lösungen zu finden und zu implementieren. Selbst die EU hat mittlerweile erkannt, dass dieses Ausmass an Berichterstattung nicht dazu geeignet ist, das Klima zu retten, sondern nur die Wirtschaft lähmt.
In der vergangenen Frühlingssession habe ich den Bundesrat deshalb aufgefordert, die Nachhaltigkeits- regulierung dahingehend zu überprüfen, dass künftig die Wirkung im Zentrum stehen muss und nicht eine völlige Veradministrierung und damit Steigerung
von Verwaltungskosten. Es braucht einen Marschhalt, damit hängige Regulierungsvorhaben auf ihre Wirkung überprüft werden können.
Der Wille zur Deregulierung ist entscheidend
Wir verfügen über die notwendigen Mittel, um im internationalen Regulierungsdschungel so zu navigieren, dass die Stärken der Schweiz weiter zum Tragen kommen. So gilt beispielsweise seit 2024 das Unternehmensentlastungsgesetz. Doch ein Gesetz, das Massnahmen zur Senkung der Regulierungskosten bei neuen und bestehenden Regulierungen verankert, reicht nicht. Es braucht vor allem den Willen auf allen Stufen, die Regulierungsdichte tatsächlich zu senken und neue, unnötige Regulierungen zu vermeiden.
Manövrierfähig bleiben wir als Land, als Wirtschaft und als Unternehmer nur, wenn wir mit Augenmass, Vernunft und einer klaren Orientierung hinsichtlich der gewollten Wirkung regulieren. Nur entsprechender Freiraum setzt endlich auch wieder den richtigen Anreiz für Innovationen als Motor unserer wirtschaftlichen Entwicklung und unseres Wohlstands.
Der Beitrag erschien im Zentralinfo 02/2025 «Raum» der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ