Damian Müller | Ständerat

Der 1. August, einmal anders

  • 01. August 2020
  • 3 min Lesezeit
  • Nationalfeiertag
  • Zuversicht

Heute ist 1. August. Heute feiern wir den Geburtstag unserer schönen Schweiz. Aber es ist ein etwas anderer Geburtstag als wir es uns gewohnt sind. Das muss nicht negativ sein.

Es werden Feuer von unseren Hügeln leuchten, es werden auch Reden gehalten, wenn auch viel weniger als sonst üblich, es werden Würste gebraten, es wird zusammen angestossen und die Kinder werden Lampions schwenken, bevor landauf, landab die Feuerwerke steigen. Es ist Nationalfeiertag.

Aber es ist ein spezieller Nationalfeiertag in diesem Jahr. Denn vor einigen Monaten hat sich die Welt zu ändern begonnen. Denn seit einigen Monaten ist die Welt in der Geiselhaft eines kleinen, unbekannten Virus, des Coronavirus – «Covid-19». Kein Land ist verschont geblieben, auch unsere Schweiz nicht. Zwar ist es uns gelungen, Covid-19 daran zu hindern, sich weiter auszubreiten. Mit einem enormen Aufwand. Die Opfer waren gross, sowohl was den Verlust von geliebten Menschen angeht als auch, was unsere Gesellschaft und Wirtschaft ertragen müssen. Und noch haben wir das Virus nicht ganz in Griff.

Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, die weltweite Pandemie wolle uns etwas sagen. Zum Beispiel, dass wir alles in allem gesehen über unsere Verhältnisse leben. Dass sich also die Natur an uns Menschen rächen will.

Aber ich meine, wir können diese Pandemie nutzen, um etwas aus ihr zu lernen.

Dank oder wegen Corona haben wir etwas wiederentdeckt, das fast ein bisschen verloren gegangen schien. Die Menschlichkeit. Das Gefühl gegenüber seinen Nächsten, das Sich-Kümmern um den andern. Plötzlich haben junge Menschen den Älteren ihren Einkauf besorgt, haben die Post erledigt, sie haben vor Seniorenheimen Lieder gesungen und kleine Theaterstücke aufgeführt. Corona hat unsere Welt, die wir oft und nicht zu Unrecht als hart empfanden, weicher gemacht, angenehmer, lebenswerter und vor allem menschlicher.

Corona hat uns in aller Deutlichkeit vor Augen geführt, dass weniger mehr sein kann. Weniger Importprodukte aus fernen Ländern, dafür mehr einheimisches Gemüse, weniger Junkfood, dafür mehr Bio. Profitiert haben unsere Bauern. Corona hat uns dazu gezwungen, Alternativen zu suchen. Bei der Arbeit und den Arbeitswegen. Homeoffice und weniger Verkehr heissen die Antworten, Antworten, die wir nicht vergessen werden, die wir auf jeden Fall nicht vergessen sollten. Und viele Unternehmen haben bereits reagiert, alte Arbeitsmodelle werden überprüft, neue werden ausprobiert und eingeführt. Das gibt den Menschen einiges von der Zeit zurück, die sie für das Pendeln benötigen. Und es gibt dem Klima und der Natur einiges von dem zurück, was es an Entlastung braucht.

Darauf müssen wir aufbauen.

Und wenn uns die Pandemie auch noch etwas vom politischen Anstand zurückbringt, der in den letzten Jahren zunehmend vergiftet und verseucht worden war, dann gehört auch unsere Demokratie zu den Gewinnern der Coronakrise. Denn eine wirkliche Demokratie lebt vom Anstand, davon, dass man gemeinsam und zusammen nach den besten Lösungen sucht.

Schliesslich ist der Sinn aller Politik die Existenzsicherung der Menschen. Und wenn die Politik jetzt grosse finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hat, darf man nicht daraus schliessen, dass wir zum Selbstbedienungsladen geworden sind. Die Existenz der Bevölkerung kann letztlich nur gesichert werden, wenn wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Gut haushalten ist das A und O eines attraktiven Staats. Dazu gehören unsere Sozialwerke, dazugehört auch die Überbrückungsleistung für ausgesteuerte 60-jährige, die über 20 Jahre in der Schweiz gearbeitet haben, nicht mehr als 100`000 Franken Vermögen haben und sich weiterhin um einen Job bemühen müssen.  Das ist für mich gelebte Solidarität.

Es sind also happige Herausforderungen zu bewältigen in der nächsten Zeit. Aber gemeinsam und mit Anstand werden wir sie schaffen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen und zufriedenen Nationalfeiertag. Auch wenn er für einmal etwas anders ist als gewohnt.

Bliibed Si gsond.

Damian Müller | Ständerat

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