Damian Müller | Ständerat

Den Werkplatz Schweiz stärken

  • 20. August 2024
  • 4 min Lesezeit
  • Zuversicht

Brief aus dem Ständerat im Willisauer Bote vom 20. August.2024

Verlässliche Rahmenbedingungen sind seit Jahrzehnten ein zentraler Erfolgs­garant für die Schweiz. Während in anderen Ländern Regierungen und da­ mit Gesetze kommen und gehen, ist die Schweiz ein Ort der Berechenbarkeit und der Stabilität. Mit der Volksiniti­ative für eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf Vermögen über 50 Millionen Franken setzen die Jungsozialisten nun allerdings unseren Wirtschafts­standort und damit den Wohlstand unseres Landes leichtfertig aufs Spiel. Die Initiative hat zur Folge, dass Erben von Familienbetrieben die Steuer nicht bezahlen könnten, ohne die Firma zu verkaufen oder an die Börse zu brin­gen, da die Besitzer das Kapital in der Firma gebunden haben. Ein Frontal­angriff auf unsere Familienunterneh­men, denn Erleichterungen für diese sieht die Initiative nicht vor. Die Rech­nung ist deshalb simpel: Wenn die bes­ten Steuerzahler deswegen die Schweiz verlassen, steigen die Steuern für jene, die hierbleiben.

Statt Arbeitgeber, Familienunterneh­men und Leistungsträger aus unserem Land zu vertreiben, setze ich mich da­ für ein, dass wir Unternehmertum wie­ der gezielt fördern. Für mich ist es eine sehr gute Nachricht, wenn ich lese, dass es allein an der ETH im letzten Jahr 43 neue Spin­offs gab. Diese Start­ups sind in der Regel hochinnovativ und mischen ganz vorne an der Weltspitze mit. Doch das Beispiel ETH zeigt auch, wie die po­litischen Pole rechts und links die Dis­kussion auf Nebenschauplätze lenkt: So geht es in der öffentlichen Debatte nicht um die beeindruckenden Leistungen der Studierenden, sondern darum, ob es nicht zu viele ausländische Studierende an der ETH habe. Oder zu wenig Frau­ en. Beides ändern wir nicht, indem wir nur lamentieren. Wir ändern es aber, wenn wir jungen Menschen vermitteln, dass Leistung sich lohnt und Innovatio­ nen etwas Positives sind.

Schweizer Trümpfe in Sachen Innovation

Gerade beim Thema Innovation muss die Schweiz den Anspruch haben, ganz vorne mitzumischen. Im internationalen Vergleich stehen wir diesbezüglich noch sehr gut da. Wir müssen aber Sorge tra­gen, damit sich innovative Branchen wie die Schweizer Medizintechnik erfolg­ reich weiterentwickeln können. Die Med­tech-Branche, um bei diesem Beispiel zu bleiben, verzeichnet ein jährliches Umsatzwachstum von durchschnittlich sechs Prozent, was deutlich über dem gesamtschweizerischen BIP­-Wachstum liegt. Sie beschäftigt 67 500 Personen in unserem Land und schafft jährlich neue Arbeitsplätze. Inzwischen ist fast jeder hundertste Arbeitsplatz in der Schweiz in der Medtech­-Branche angesiedelt. Seit Jahren ist es in der Schweiz aber vor allem der Staatshaushalt, der stark wächst. Die Einnahmen des Bundes betrugen 2023 79,6 Milliarden, die Aus­ gaben 81,0 Milliarden. Die Einnahmen deckten die gesamten Ausgaben also nicht. Bereits das vierte Jahr in Folge musste ausserordentlicher Zahlungs­ bedarf geltend gemacht werden. Einer der Gründe für die Ausgabenfreudig­keit: Beim Bund trägt niemand direkt die finanziellen Konsequenzen – anders als in einem Unternehmen. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen im Markt durch Staatsunternehmen, etwa dann, wenn diese bessere Löhne zahlen als die Privatwirtschaft.

Infrastruktur und Bildung stärken, Verbotskultur schwächen

Die Schweiz muss sich wieder mehr an­ strengen. Frankreich und Deutschland sind keine Vorbilder mehr. Wir müssen gezielt in unsere Infrastruktur investie­ren, und dazu gehören auch zeitgemäs­se Stromleitungen, Internet und Nati­onalstrassen. Einen gezielten Ausbau erachte ich deshalb als dringend nötig und richtig. Zudem braucht es weitere Investitionen in die Bildung, in unsere jungen Men­schen, um sie zu befähigen, die künfti­gen Herausforderungen zu meistern. Ein starkes duales Bildungssystem ist Gold wert – als ehemaliger Lehrab­gänger weiss ich, wovon ich rede. Eine Lehre bildet für viele den idealen Start ins Berufsleben. Dank Weiterbildungen und höheren Fachschulen können alle ihr Leben lang lernen und sich weiter entwickeln. Wer will, der oder dem stehen alle Türen offen.

Auf direktem Weg ins Mittelmass

Doch ohne Eigeninitiative geht es nicht. Seit der Corona­-Pandemie ist jedoch die Hemmschwelle, bei allem und jedem gleich nach dem Staat zu rufen, mar­kant gesunken. Oft verbunden werden die Forderungen aller Art mit dem Zu­satz, dass sich «die reiche Schweiz das leisten kann». Eine solche Anspruchs­haltung führt auf direktem Weg in die Mittelmässigkeit.

Tugenden, für welche die Schweiz jahrzehntelang stand – wie Fleiss, Mut und Verlässlichkeit – wirken nicht mehr so attraktiv wie früher. Dabei haben wir an den Olympischen Spielen gesehen, wie motivierend eine Medaille oder ein Dip­lom sein kann! Ohne Erfolge in unserem Land werden wir keinen ambitionierten Nachwuchs heranwachsen sehen, egal, ob im Sport oder im Berufsleben.

Ich will deshalb den Werkplatz Schweiz mit guten, verlässlichen Rahmen­bedingungen stärken und unseren Erfolg fördern. Geben wir der Wirt­schaft Rückenwind, anstatt ihr Steine in den Weg zu legen.