Damian Müller | Ständerat

Chum itzt – ein klimapolitischer Generationenvertrag

  • 15. Juli 2019
  • 5 min Lesezeit
  • Klima und Umwelt
  • Solidarität

Wir kennen alle den Ausruf von Roger Federer, wenn er sich nach einem hart umkämpften Punkt selber motiviert. „Chum itzt“ schreit er sich dann zu, so klar und laut, dass es auch die Zuschauer mitbekommen. Chum itzt, das haben auch wir Delegierten zu uns gesagt, als es darum ging, die neue Marschrichtung unserer Partei in Sachen Klima und Umwelt festzulegen.

Es war ein hartes Stück Arbeit, aber der Aufwand hat sich gelohnt. Seit der Delegiertenversammlung vom 22. Juni 2019 gibt es ein Grundlagenpapier für unsere Klima- und Umweltpolitik, das uns weiter bringt. Dieses Grundlagenpapier respektiert den Willen der Basis der Partei – es ist damit demokratisch legitimiert. Ich werde mich jedenfalls davon leiten lassen.

Gerade in den heissen Sommermonaten wird uns wieder vor Augen geführt, dass die Weltmeere mit Plastik belastet sind. Wir wissen auch, dass unsere Böden überdüngt sind, unser Wasser zu viel Phosphate aufweist und unsere Energieproduktion und unser Konsum zu viel Kohlendioxid verursacht.

Das Verursacherprinzip

Wir können nun Verbote aussprechen und uns in die Steinzeit zurückkatapultieren. Oder wir können gar nichts tun und den Kopf in den Sand stecken. Ich will beides nicht, sondern setze auf eine liberale Politik, die das Verursacherprinzip umsetzt. Unsere Regierungsräte beweisen seit den 70er Jahren, dass wir in der Schweiz die Probleme angehen: Beim Abwasser, der Verschmutzung der Seen, der Luftreinhaltung, der Verbesserung der Bodenqualität, der Biodiversität usw. Wir Liberalen arbeiten konsequent daran, dass jeder und jede das bezahlt, was er oder sie konsumiert.

Ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich

Wir Freisinnigen sind der Ansicht, dass wir nur mit einer Kombination von Massnahmen erfolgreich sein können. Dazu gehört in erster Linie eigenverantwortliches Verhalten. Wer die Grenzen der Umwelt respektiert, soll nicht gebremst werden, sondern als Vorbild gelten.

Bei jenen Themen, bei denen es nicht ausreicht, alleine mit gutem Beispiel voranzugehen, braucht es international bindende Richtwerte. Das war zum Beispiel beim FCKW so. Dieses klimaschädigende Gas musste man mit einem internationalen Verbot belegen. Ich persönlich bin überzeugt, dass die Menschen in unserem Land auch solche Massnahmen akzeptieren, wenn sie umweltfreundlich, wirtschaftlich und sozial verträglich sind. Die Regierungsräte und Kommunalpolitiker der freisinnigen Partei beweisen seit Jahrzehnten, dass man kluge Umweltpolitik umsetzen kann, ohne den Menschen den Wohlstand zu nehmen oder ihre Freiheiten über Gebühr einzuschränken.

In Zug beispielweise konnte mit einer Aufklärungskampagne das Littering wirkungsvoll eingedämmt werden. Der Ansatz der Berner Grünen und SP hingegen mit Verboten und einer Verteuerung der Produkte erleidet den totalen Schiffbruch – jüngstes Beispiel ist die Littering-Abgabe unter dem Stichwort „Sauberkeitsrappen“ für Sekundärverursacher. Die Idee kam nicht mal durch die Vernehmlassung. Es war ein Regulierungs- und Bürokratiemonster sondergleichen aus der Feder der links-grünen Regierung.

Eigenverantwortung, Lenkung, Restriktionen

Wir Menschen verreisen gerne, wir nehmen gerne das Auto, wir wollen bequeme Lösungen. Das liegt in unserer Natur und ist auch nicht verkehrt. Wir alle wissen aber, dass wir bei der Mobilität, im Konsum und im Freizeitverhalten Umweltschäden verursachen. Wir müssen also daran arbeiten, diese Schäden zu eliminieren, damit wir mit gutem Gewissen unseren Wohlstand geniessen können.

Wir Liberalen sind auch nicht naiv. Oftmals sind die Konsequenzen unseres eigenen Handelns lange Zeit nicht ersichtlich, was u.a. dazu geführt hat, dass die Umwelt und das Klima so stark unter Druck gekommen sind. Darum braucht es jetzt richtige und wirkungsvolle Massnahmen: Bei Quecksilber und FCKW waren Verbote eine sinnvolle Massnahme, weil die Probleme dringlich waren. Beim CO2 können wir mit Eigenverantwortung und den richtigen Rahmenbedingungen noch sehr viel mehr erreichen, und wo Alternativen existieren, können Lenkungsmassnahmen helfen. In der Landwirtschaft sollen zum Beispiel die sogenannten Direktzahlungen vermehrt auf konkrete Ziele wie die Förderung der Biodiversität oder den Schutz der natürlichen Ressourcen ausgerichtet werden. Im Bereich Wohnen könnte die Lenkungsabgabe für fossile Brennstoffe vermehrt für die Förderung alternativer Energien eingesetzt werden. Und was den Verkehr angeht, muss das Verursacherprinzip stärker zum Tragen kommen. Das heisst, es braucht eine Lenkungsabgabe für fossilenergie-betriebenen Verkehr. Diese darf nicht dazu führen, dass wir damit den Tanktourismus indirekt ankurbeln. Gerade an diesem Beispiel zeigt sich, dass Lenkungsmassnahmen immer auch gegenteilige Effekte haben können. Staatliche Lenkung ist im Vergleich zu vernünftigem eigenverantwortlichen Handeln eben immer nur die zweit- oder gar drittbeste Lösung.

Ein heftig debattiertes Thema ist derzeit eine Lenkungsabgabe auf Flugtickets. Dabei ist es gerade bei Flugreisen schwierig, die Menschen zu lenken. Klar, Kurzstrecken könnte man durch Zugreisen ersetzen – aber Langstreckenflüge sind oft alternativlos. Dennoch wollen wir zusätzliche Mittel generieren, gerade weil der Flugverkehr eine starke Umweltbelastung zur Folge hat. Derjenige Ertrag, der nicht an die Bevölkerung zurückfliesst, sollte in einen Fonds gehen, aus dem Klimaschutz-Innovationen finanziert werden. Am besten wäre natürlich, wenn wir dank alternativem Kerosin bald CO2 neutral fliegen könnten.

Es ist mir schon klar, dass so ein Programm ambitioniert ist. Und Kritiker gibt es immer viele. Diese sind auch wichtig, weil sie sicherstellen, dass wir nicht blindlings in eine Richtung laufen und uns verrennen, sondern uns immer wieder fragen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Die Kritiker dürfen uns aber nicht davon abhalten, den richtigen Weg einzuschlagen und diesen konsequent zu gehen.

Ich finde auch, wir sollten in Zukunft vermehrt in Klima- und Umweltfragen vom Generationenvertrag sprechen und unsere Politik auf einen klaren Grundsatz ausrichten: Wir dürfen die Kosten, wie wir heute durch unsere Mobilität, unseren Konsum und unsere Art zu wohnen verursachen, nicht einfach auf die nächsten Generationen überwälzen.

Holen wir dazu auch die Kritiker ins Boot und rufen ihnen «chum itzt» zu! Denn eigentlich ist allen klar, dass wir die anstehenden Aufgaben pragmatisch und Schritt für Schritt anpacken müssen. Ich bin überzeugt, dass eine grosse Mehrheit dazu bereit ist.